Blasiussteig

vom ewigen Eis ins Tal der Strauße

Der Blasiussteig, benannt nach dem Wahrzeichen der Gemeinde Dornburg, dem Blasiusberg, verbindet auf einem Rundwanderweg die Gemeinden Dorndorf, Frickhofen und Thalheim. Der 20,8 Kilometer lange Weg am Rande des Westerwaldes führt durch das liebliche Dornburger Land, abwechselnd durch Wald und offene Flächen mit weiten Ausblicken über das Limburger Becken und den Taunus. Einige besondere Orte liegen am Weg, der Eisstollen, der Keltenwall und die trutzige Blasiuskapelle. Startpunkt der Pilgertour ist der Bahnhof in Frickhofen. Wegweiser ist ein geschwungenes B auf orangefarbenem Grund. Wer die Strecke abkürzen will, kann kurz vor Dorndorf zurück nach Frickhofen wandern. Die Route beläuft sich dann auf knapp zwölf Kilometer.

In Frickhofen führen die Schilder nach rechts aus dem Ort heraus, linkerhand geht es auf einen Feldweg entlang der Bahnstrecke Limburg – Au/Sieg. Wer links an einem Baum einen einfachen Blechbriefkasten mit dem weißem B entdeckt, darf sich bedienen. In seinem Inneren sollten sich praktisch formatierte und ebenso hilfreiche Wanderkarten für die Hosentasche finden lassen. Aber auch ohne dieses Hilfsmittel finden sich Pilgernde auf dem Wandersteig gut zurecht. Keine Kreuzung, keine knifflige Gabelung, an der nicht das B weiß auf orange aufleuchtet und ihnen den Weg weist.

Nach wenigen hundert Metern führt der Feldweg von der Bahnstrecke weg nach links leicht aufsteigend zur Landstraße 3364 (Funkturm). Erste Zwischenetappe ist die Dornburg. Das Haus wird seit Ende der 1960er Jahre als evangelisches Jugendhaus genutzt. Die Ursprünge reichen weit zurück und tief hinein – ins hiesige Basaltgestein.

Der Basaltabbau steht für ein wichtiges Kapitel der regionalen Wirtschaftsgeschichte.  Jahrelang gründete auf ihm der wirtschaftliche Erfolg der Gegend, die Landschaft hat er sehr verändert. Die Pilger überrascht hier ein kalter Hauch, der aus natürlichen Stollen nach draußen weht. Denn sommers wie winters ist es unter dem Basaltgestein eisig kalt. Die Geröllhalde wirkt wärmeisolierend, sodass selbst im Hochsommer unten frostige Temperaturen herrschen. Das „ewige Eis“, ein kleines Naturwunder, das bis in sechs Meter Tiefe reicht, hatten Arbeiter 1839 unter Tonnen von Basalt entdeckt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nutzte eine Brauerei den Eisstollen als natürlichen und wirkungsvollen Kühlraum.

Vom „Ewigen Eis“ geht es schnurstracks weiter den Berg hinauf direkt zum Ort einer großen Tragödie: Die Legende erzählt von der unglücklichen Liebe Hildegards zu dem Raubritter Ruprecht von Ellar. Denn der hatte, nachdem Hildegard ihn aus dem Kerker befreit hatte, Vergeltung geübt und einen Brand gelegt, der die dortige Stadt vollständig zerstörte. Tief getroffen von diesem Verrat stürzte sich Hildegard von dem Felsen in den Tod. Noch heute erinnern die Überreste der frühromanischen Hildegardiskapelle am südöstlichen Ende des Basaltplateaus und der nahegelegene Hildegardisbrunnen an die Geschichte von Liebe und Leid. Das erhaltene Fundament der Kapelle zeigt einen Saalbau mit eingezogenem Chor, dessen Entstehung auf das 12. / 13. Jahrhundert n.Chr. datiert wird.

Nach dem wahrlich sagenhaften Rundblick von der Aussichtsplattform führt der Blasiussteig weiter auf einem schmalen Waldpfad den Berg hinauf und  zurück in noch ältere Zeiten. Dabei überschreiten die Wanderer die Grenze zum Reich der Kelten, die hier vor weit mehr als 2000 Jahren gelebt und dem Plateau bis heute sichtbar ihren Stempel aufgedrückt haben. Doch allzu viel ist vom einstigen Wall, der 3.400 Meter lang und bis zu 13 Meter hoch gewesen sein soll, nicht mehr zu sehen. Er schützte eine keltische Siedlungsfläche von 37 Hektar, die heute zum großen Teil einem Steinbruch zum Opfer gefallen ist. Und so sind es denn auch nicht mehr keltische Mauern, die rechter Hand den Weg flankieren, sondern Maschendrahtzäune, die verhindern sollen, dass jemand über die Abbruchkante in die alte Basalt-Grube stürzt.

Fürstensitz, Fluchtburg, Oppidum – wie bei so vielen anderen keltischen Höhen-Siedlungen ist man sich auch hier nicht ganz sicher, zu welchem Zweck die „Dornburg“ errichtet wurde. Womöglich waren die Übergänge auch fließend. Nicht über Nacht, aber doch Zug um Zug, löste sich auch hier die Kultur des sagenumwobenen Krieger-Volkes zwischen den beiden Gegenpolen – den Römern und den Germanen – auf. Das Keltische ging aber nicht ganz verloren. So sagt man der Dornburg auch heute noch magische Kräfte nach.

Den Namen „Dornburg“ bekam der Basaltkegel aber erst vor einigen hundert Jahren, glaubten die Menschen damals doch, dass sie es hier mit den Resten einer mittelalterlichen Siedlung zu tun hätten. Und komplett falsch lagen sie damit auch nicht, wie ein großes Loch im Boden beweist. Hier stand wohl im Mittelalter eine Kapelle, was darauf schließen lässt, dass lange nach den Kelten noch Menschen dort siedelten. Deren Spuren sind aber im Strudel der Zeit verloren gegangen.

Von der „Dornburg“ führt das weiße B in Richtung der L 3278, die auf Höhe des Wanderparkplatzes „Wilsenroth“ überquert wird und zum „Totenweg“ geleitet. Auf ihm haben die Menschen früher ihre Verstorbenen zur Blasiuskapelle gebracht.

Tatsächlich scheint man hier dem Himmel ein Stück näher zu kommen. Links der Allee geht der Blick weit über Wiesen und Wälder, rechts stehen die Bäume des Waldes zum Abschied Spalier. An einer Weggabelung haben die Pilgernden die Wahl:  Nach rechts geht es für die, die nicht ganz so gut zu Fuß sind. Allerdings müssen sie trotzdem einen kräftigen, aber recht kurzen Aufstieg  meistern. Links entlang führt ein schöner, aber schmaler Waldpfad weiter nach oben.

Beide Varianten führen zur Blasiuskapelle, die dem Steig ihren Namen gab. Nicht nur an großen Festtagen kommen die Gläubigen in Prozessionen von überall her. Gebaut wurde das kleine Gotteshaus ursprünglich im Zuge der Christianisierung des Lahngaus, die zwischen dem sechsten und frühen achten Jahrhundert von Trier ausging. Der älteste Teil der Kirche, die Apsis, wird auf etwa 1150 datiert. Die Kapelle wurde zuerst dem heiligen Michael geweiht, wann sie umbenannt wurde, ist unklar. Auch von der ursprünglichen Holzkirche ist nichts mehr vorhanden.

Als in Frickhofen 1732 die größere Martinskapelle (heute Kirche St. Martin) errichtet wurde, verwahrloste der Bau. 1816 entschloss sich die herzoglich-nassauische Regierung deshalb, die Kapelle abzureißen. Doch Pfarrer Johann Wilhelm Bausch, später zweiter Bischof von Limburg, stellte sich schützend vor die Kirche und bat um Geld für eine Renovierung. Seine Pläne wurden genehmigt, in den nächsten Jahrzehnten kümmerten sich die örtlichen Pfarrer Stück für Stück um die Restaurierung. Das Gotteshaus, wie es heute zu sehen ist, entstand 1869/70.

Vom „heiligen Berg“ führt der Pilgerweg, die Kapelle im Rücken, nach links ein Stück bergab und bergauf, über einen hölzernen Steg hinweg und dann auf schönem Weg durch den Wald dem nächsten geschichtsträchtigen Ort entgegen, der „Glockenwiese“.

Dreiste Diebe, so heißt es, hatten 1849 die Glocken der Blasiuskapelle gestohlen, kamen aber mit ihrem schweren Diebesgut nicht allzu weit. Von den Frickhöfern verfolgt, suchten die Täter ihr Heil in der Flucht, die Glocken jedoch ließen sie auf dieser Wiese im Schatten des 475 Meter hohen Watzhahns zurück.

Von der Glockenwiese kommend, schlägt der Weg nun zunächst einen kleinen Haken, der genau auf der Grenze zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz verläuft. In früheren Zeiten teilten sich gleich drei Landesherren die Zuständigkeit, Kurtrier, Nassau-Oranien und Westerburg-Leiningen. Just davon zeugt noch heute der „Dreiherrenstein“, an dem sich, so wird erzählt, früher die Landesherren trafen, um Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen.

Nach etwa 200 Metern geht es nach links einen Hang hinunter, an der nächsten Wegkreuzung kann man sich wieder nach links wenden und die Route abkürzen. Der Weg nach rechts leitet über die volle 20-km-Runde und lädt zum kurzen Verweilen an der Dorndorfer Kieselquelle ein. Vom schmucken Dörfchen Dorndorf geht es über Felder mit herrlichem Fernblick wieder zurück in den Wald, vorbei an der  Schlaudermühle bis zum dritten Dornburger Ortsteil der Tour, Thalheim.

Und noch einmal lockt eine außergewöhnliche Attraktion, ehe es in etwa 30 Minuten zurück nach Frickhofen geht: die Straußenfarm von Heinz Sabel, der hier seit 2012 afrikanische Strauße züchtet. Wer am Ende der Tour eine Stärkung braucht, hat dazu im angegliederten Straußencafè Gelegenheit. Allerdings ist das Café nicht immer geöffnet. Für größere Gruppen oder Schulklassen werden auf Vorbestellung Führungen und Rundfahrten angeboten. (Infos unter http://www.straussenfarm-sabel.de/)

(Text: Doris Wiese-Gutheil)

Interaktive Karte

Anreise:

mit öffentlichen Verkehrsmitteln

mit dem PKW

 

Details zum Weg:

Länge

Beschilderung

Beschaffenheit

Essen und Trinken:

 

Besondere Tipps:

 

 

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